Tradition

Hier finden Sie einige Beispiele zur Traditionspflege:

Der Richtkranz wird von den Nachbarn des Bauherrn gebunden und zum Richtfest mitgebracht.
Die Kranzdame wird natürlich komfortabel chauffiert ;-)

Jetzt steht einem zünftigen Richtfest nichts mehr im Weg.

Richtkranz
Wie geht im allgemeinen ein Richtfest vor sich ?

Zum Richtfest hat der Bauherr eingeladen. Dem Kreis der Gäste und Teilnehmer gehören an: Handwerker, die bislang am Bau tätig waren, wie Meister, Gesellen, Lehrlinge und Helfer aller Gewerke, dann noch Architekt und Bauleiter sowie die Angehörigen und Bekannten der Bauherrenschaft.

Ursprünglich war der Teilnehmerkreis beschränkt auf die tätig Mitwirkenden, ob sie nun Hand- und Spanndienste leisteten, als Handwerker am Bau arbeiteten oder Baumaterial stifteten. Der Begriff der Mithilfe hat sich im Laufe der Zeit, insbesondere bei größeren Neubauten, ausgedehnt und schließt heutzutage jene Persönlichkeiten, Ämter, Gremien und auch Geldinstitute mit ein, durch deren Fürsprache und finanzielle Hilfe das Bauwerk zustande gekommen ist. Das Richtfest ist indessen nach wie vor das ureigene Fest der Werkleute, wobei Prominenz und Würdenträger nicht in einer Hauptrolle in Erscheinung treten.

In Ländlichen Regionen ist es auch Heute noch Brauch das die Bauherrenschaft und die Handwerker die Richtkrone bei den Nachbarn abholen. Früher nahm dann das Kranzmädchen mit dem Zimmermann auf einem Leiterwagen Platz und wurden von den Handwerkern zum Neubau gezogen, wobei die quietschende Karre oft geölt werden mußte.

Schenke ein deinen kühlen Wein denn Heut wollen wir fröhlich sein

Die Festteilnehmer versammeln sich vor dem Bauwerk, die Zimmerleute nehmen jetzt den geschmückten Richtkranz in Empfang, um ihn dann mit kräftigen Schlägen auf den First zu setzen.

Der Bauherr lotet mit einem selbst gefertigten Lot den Kranz ein.

Ein Kollege hat die eingebundene Weinflasche aus den Bändern gelöst und entkorkt, um dem Sprecher jeweils auf ein Zeichen ein volles Glas zu reichen.

Unterdessen ist unten am Bau eine erwartungsvolle Stille eingetreten, - und jetzt spricht der Zimmermann den Spruch,- laut und deutlich, nicht zu schnell, mit sinngemäßer Betonung und mit Pausen an passender Stelle. Nach dem letzten ausgebrachten Hoch schleudert der Sprecher das geleerte Glas hinab -, Scherben bedeuten Glück !

R i c h t s p r ü c h e :
Hochgeehrte Herren und Frauen,
liebe, werte Bürgersleut,
die ihr diesen Bau zu schauen
heut' hierher gekommen seid:

Hier mit diesem Saft der Reben
trink ich jetzt nach Handwerksbrauch:
Hoch soll unser Bauherr leben
und die Herrin lebe auch:

Hoch! Hoch! Hoch!

Ha, wie gut ist dies Getränk!
Bruder, schenk dir auch eins ein,
sei nicht schüchtern, sondern denk:
Heute spart man nicht am Wein.

Nein, der Bauherr denket heute
unseres Dienst's mit vielem Dank,
und wir dürfen -- merkt's, ihr Leute --
jetzt nicht sparen seinen Trank.

Bruder, reich ein zweites Glas,
nochmal muß die Stimm' ich heben:
Jeder beißt einmal ins Gras,
darum laßt sie heute leben,
die da Stein und Mörtel trugen
und die Mauern wohl gesetzt,
Balken schleppten, s' Dach aufschlugen,
daß der Schweiß die Stirn genetzt.

Jetzt muß ich ein Lob noch spenden
ihm, der diesen Plan gemacht,
dann will ich mein' Spruch beenden,
es lebe hoch die Bauherrschaft!

Mein Trunk sei diesem Haus geweiht,
es stehe fest in Ewigkeit!

Hochverehrte Versammlung !

Nun hat der Bau sich hier erhoben,
Nicht groß zwar, doch auch nicht zu klein;
das Werk mag seinen Meister loben,
Ich leg' den Segen noch hinein.

Ich wünsche, daß gesegnet sei
Der Hausherr und die Frau daneben.
Gott möge Frieden, Lieb' und Treu
Und Glück dem ganzen Hause geben.

Er segne ihrer Hände Fleiß
Und mehre den Familienkreis
Mit reichlich Mädchen oder Knaben,
So viel, wie Platz am Tische haben.
Die mögen alle wohlgedeihen,
Daß sich die Eltern drüber freuen.

Auch schütze der allmächtge Gott
Dies Haus vor Brand und Wassersnot;
Und alle, die darinnen wohnen,
Mög er mit Krankheit stets verschonen.
Es treffe sie kein Unglücksfall
In Wohnung, Scheuer, Hof und Stall.

Auch möge Gottesfurcht erblühen,
Die Eltern stets einträchtig sein
Und ihre Kinder gut erziehen:
Drauf schenke ich das Glas mir ein.

Und daß nun alles wohl gedeih',
Daß dieser Bau ein Haus der Milde
Und jeder schönen Tugend sei,
Trink ich nach Brauch der Zimmergilde
Das Glas bis auf die Neige aus.
Der Segen Gottes ist im Haus !

Hoch soll nunmehr der Bauherr leben
Und seine Ehefrau daneben,
Der Ehrenmann, der wohldurchdacht
Zum Bau den Plan und Riß gemacht ,
Die Meister, die ihn ausgeführt
Und denen alles Lob gebührt,

Auch jedem, welcher immerdar
Bei diesem Baue tätig war
Und allen, die hier um mich stehn,
Nun an dem Bau sich satt gesehn,
Ruf' ich aus vollem Herzen jetzt
Ein Lebehoch zu guterletzt !

Mit Fleiß von Morgen bis zur Nacht
ward unser schönes Werk vollbracht.
Es war mit uns des Herrgotts Segen,
daran stets alles ist gelegen.
Ihm wollen wir darum dies Haus
und der darin geht ein und aus
für alle Zeiten jetzt empfehlen,
so wird es nicht am Glücke fehlen.

Bewahrt sei es vor Sturm und Brand,
vor Blitz und hohem Wasserstand,
vor Krieg und andrer schwerer Not,
vor Seuchen, Krankheit, jähem Tod.
Dem Bauherr wünschen wir sodann,
was er sich selbst nur wünschen kann.
Mög immerdar ihm und den Seinen
des Glückes Sonne wärmend scheinen.
Ihm will mein erstes Glas ich bringen
und meinen Hut recht kräftig schwingen:

Hoch ! Hoch ! Hoch !

Dem Architekten, der
den Grundriß hat erdacht genau,
dem Meister, welcher nach ihm dann
mit sichrer Hand das Werk begann;
der zweite Becher sei geweiht
mit heil und Glück für alle Zeit:

Hoch! Hoch ! Hoch !

Nicht minder sollen die Gesellen,
die mit der Äxten und den Kellen
gezimmert und gemauert hier;
ein Gegenwort erlauben mir:
Des Handwerksstandes Stolz und Zier
soll leben durch den Becher hier :

Hoch ! Hoch ! Hoch !

Nach diesem vielen Lobgeschwetz,
da will ich den Bauherrn fragen
wie Ihm denn selbst dies Bauwerk gefallen tut?

Bauherr: sagt gut.

Wo sich der Bauherr so über unsere Arbeit freut
Da wird es Ihm ein mächtiges Trinkgeld wert sein.
Ein Dutzend Taler währen nicht viel,
zwei Dutzend währen unser rechtes Ziel,
aber mit vier Dutzend gäben wir uns auch zu frieden.

Hoch ! Hoch ! Hoch !

Nun will ich derer noch gedenken,
die ihre Gegenwart uns schenken,
um meine Sprüche anzuhören.
Gesundheit und Zufriedenheit,
die wünsch ich ihnen allezeit,
die sind fürwahr das Allerbeste !
Nun ist das Glas wohl ausgeleert
und weiter für mich nichts mehr wert,
drum werf ich es zu Boden nieder
zerschmettert braucht es keiner wieder;
Drum Glas zerschmettere im Grund,
Geweiht sei dieses Haus zur Stund.


Kurz und bündig

Wir wollen gratulieren,
gerichtet ist das Haus,
hat Fenster und hat Türen
und sieht gar stattlich aus.

Der Maurer hat's gemauert,
der Zimmerer überdacht;
doch daß es hält und dauert,
das steht in Gottes Macht.

Schützt auch das Dach vor Regen,
die Mauer vor dem Wind,
so ist doch allerwegen
an Gott allein gelegen,
ob wir geborgen sind.

 

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© 2001 Zimmerei H. Kückmann, Last update: 04.10.2002